Unschuld des Todes (German Edition) by Burley John

Unschuld des Todes (German Edition) by Burley John

Autor:Burley, John [Burley, John]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Egmont LYX.digital
veröffentlicht: 2014-05-01T22:00:00+00:00


30

»Wie geht es ihr heute?«, fragte Ben, als Thomas und er sich setzten. Vera, Monicas Mutter, stand an der Fensterbank und arrangierte Blumensträuße, die in etlichen großen Glasvasen standen und über das reglos neben ihnen im Bett liegende Mädchen wachten. Der Endotrachealtubus war weg. Der Atmungstherapeut hatte ihn zwei Tage zuvor entfernt, und ohne das Geräusch des Beatmungsgerätes, an das sie sich so gewöhnt hatten, schien das Zimmer seltsam ruhig. Das Zimmer selbst war auch ein anderes. Es gab nicht mehr das grelle Licht, den ständig ertönenden Alarm und die unentwegte Hektik, die auf der Intensivstation herrschte. Monica befand sich jetzt auf der etwas ruhigeren Überwachungsstation, auf der die Patienten lagen, die nicht mehr unmittelbar in Lebensgefahr schwebten.

»Gestern Abend hat sie hohes Fieber bekommen«, sagte Paul Dressler. »Laut Dr. Elliot sieht es nach einer Harnwegsinfektion aus. Sie haben ihr Antibiotika gegeben und den Blasenkatheter entfernt.« Er sah seine Tochter an. »Heute scheint es ihr besser zu gehen.«

Ben nickte. »Der Foley-Katheter macht Harnwegsinfektionen unvermeidlich. Gut, dass er draußen ist.«

»Jetzt trägt sie Windeln«, sagte Vera, die immer noch am Fenster stand. »Wir wechseln sie alle paar Stunden. Sie haben gesagt, dass wir …« Sie zögerte und sah Thomas kurz an. »Tut mir leid. Du musst das nicht hören.«

»Ist sie schon mal aufgewacht?«, fragte Ben, um das Thema zu wechseln.

»Nein«, erwiderte Paul. »Bisher noch nicht.«

»Sie sagen, dass sie wahrscheinlich sehr bald aufwachen wird.« In Veras Stimme schwang ein Hauch von Verzweiflung mit, sie sah von einem Gesicht zum anderen. »Dr. Elliot sagt, es gebe keinen Grund, weshalb sie nicht aufwachen sollte.«

Monicas Vater seufzte. »Vor drei Tagen haben sie eine Kernspintomografie von ihrem Gehirn gemacht. Das Ergebnis war vollkommen normal.«

»Das ist doch vielversprechend«, erwiderte Ben, darum bemüht, zuversichtlich zu klingen. »Manchmal brauchen solche Dinge ihre Zeit. Bestimmt haben die Ärzte …«

»›Sehr bald‹ haben sie gesagt«, wiederholte Vera, als ob Ben etwas anderes behauptet hätte.

»Wir müssen einfach abwarten, Vera«, warf Paul ein. Seine Frau bedachte ihn mit einem abschätzigen Blick, dann wandte sie ihnen den Rücken zu und widmete sich wieder den Blumen.

Sie schwiegen kurz, bis Paul sich schließlich Thomas zuwandte: »Wie läuft es in der Schule?«

»Gut«, antwortete Thomas. »Aber wir vermissen sie alle.«

Paul lächelte. »Sie würde sich freuen, das zu hören. Weißt du, ich habe wirklich gestaunt, wie viele ihrer Freundinnen und Freunde den weiten Weg nach Pittsburgh auf sich genommen haben, um sie zu besuchen. Irgendwie komisch … sie hat sich nie für so beliebt gehalten.«

Ben erhob sich von seinem Stuhl. »Ich habe in ein paar Minuten einen Termin bei Dr. Blechman, um einige Ergebnisse der DNA-Analyse zu besprechen. Darf Thomas während meiner Abwesenheit hier bei Ihnen bleiben?«

Paul nickte. »Gern.«

Ben entschuldigte sich, verließ das Krankenzimmer und machte sich auf den Weg über die Flure zum Büro des forensischen Odontologen. Er kannte das Krankenhaus gut, denn er hatte einen Teil seiner Zeit als Assistenzarzt in diesem Krankenhaus absolviert. Außerdem hatte er viel Zeit im Kinderkrankenhaus verbracht, als sein jüngerer Sohn im Dezember 2010 auf der Kinderintensivstation gelegen hatte.

Es war alles so schnell gegangen, erinnerte er sich.



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